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Controlling
Das Controlling dient der Einschätzung der Werte aus dem Klima-Monitoring im Hinblick auf die aufgestellten Ziele. Es beschreibt die möglichen Hintergründe für die Entwicklungen in den verschiedenen Bereichen und gibt Hinweise für notwendige politische Entscheidungen.
Weiter unten wird auf die genáuen Begrifflichkeiten und die verschiedenen Lücken, die zwischen Notwendigkeiten, Zielvorhaben, Planungen, Massnahmen und realer Entwicklung entstehen können, eingegangen. Das Controlling ist dazu da, diese Lücken zu bewerten und entsprechend der Politik Hinweise bei Fehlentwicklungen zu geben.
Zusammenfassung der aktuellen Monitoring-Daten
Tatsächlich liefert das Gesamtergebnis für 2023 die bislang niedrigsten CO2-Emissionswerte für Göttingen seit 2008, was den Trend des letzen Jahres fortsetzt. Mit der Corona-Pandemie waren in Göttingen die Emissionen gesunken und nachdem sie 2021 wieder gestiegen waren, kann der neuerliche Rückgang der Gesamtemissionen 2023 auch nach dem Rückgang von 2022 durchaus als ein kleiner Erfolg gewertet werden.
Entscheidend für die CO2-Bilanz der Stadt Göttingen sind die Bereiche Gas, Strom und Verkeh. Andere Bereiche tragen deutlich weniger zu den Treibhausgasen bei und sind zum Teil eher rückläufig, wie beim Öl.
Gas: hier gibt es weiter deutliche Einsparungen
Auch im Jahr 2023 gab es einen deutlichen Rückgang im Gasverbrauch in Göttingen. Gegenüber 2022 (1508 MWh), wo schon Gaseinsparungen von immerhin 14% gegenüber dem Vorjahr (1754 MWh) zu verzeichnen waren, gab es 2023 (1394 MWh) einen weiteren Rückgang um ca. 8%. Damit verstetigt sich ein Trend bei den Einsparungen, die in Folge der Energiekrise des vorletzten Jahres getätigt wurden, und es wird erkennbar, dass es sich 2022 nicht um ein einmaliges Phänomen gehandelt hat, was an den kurzfristig sehr hohen Preisen lag.
Ob Wärmeverluste durch bessere Dämmung vermieden wurden, mehr Wärme durch Strom (Wärmepumpen) erzeugt wird oder kältere Wohntemperaturen akzeptiert werden, ist aus den hier erhobenen Zahlen nicht zu erkennen.
Strom: wieder geringerer CO2-Anteil
Während der Stromverbrauch selbst in Göttingen über die letzten zehn Jahre im Schnitt gleich geblieben ist, ist über die letzten fünf Jahre ein leichter Rückgang von jährlich ca. 1% zu verzeichnen.
Tatsächlich wäre wegen der gewünschten Substitution der fossilen Energieträger im Wärme- und Verkehrsbereich eine Erhöhung im Stromverbrauch zu erwarten. Dass diese ausbleibt und sogar weniger Strom verbraucht wird, ist daher nicht unbedingt eine gute Nachricht und deutet zum Beispiel im Wärmebereich darauf hin, dass bei den Wärmepumpen auch in Göttingen noch viel Luft nach oben ist.
Somit gehen die beschriebenen Einsparungen fast vollständig auf einen neuerlichen Rückgang des CO2 Anteils im Stromverbrauch zurück, der erstmals wieder auf ungefähr den bisherig besten Stand von 2020 gefallen ist, wie aus der folgenden Abbildung erkennbar ist (Quelle: Umweltbundesamt, Strommix).
Damit ist diese positive Entwicklung weitgehend auf bundes- und landespolitische Verdienste zurückzuführen.
Verkehr: keine Verbesserungen festzustellen
Die CO2-Bilanz im Bereich Verkehr ist in Göttingen nicht exakt zu bestimmen, weil seit Jahren keine brauchbaren Daten erhoben werden. Die plausiblen Schätzungen im Monitoring besagen, dass es in Göttingen praktisch keine Verbesserungen in diesem Bereich gibt.
CO2-Ziele und CO2-Schulden
Ergebnislücke, Planungsslücke und Zielpfadlücke
Von der realer Entwicklung gilt es nun einen politischen Rahmen hin zu den Notwendigkeiten durchzusetzen. Dazu stehen der Politik zwei Instrumente zu Verfügung, die Festlegung von Zielen und die Festlegung konkreter Maßnahmen. Die Ziele müssen dabei natürlich mit den Notwendigkeiten übereinstimmen, die angestrebten Ersparnisse durch Maßnahmen die Ziele erfüllen und die reale Entwicklung den angestrebten Ersparnisse durch Maßnahmen entsprechen. Ist dies der Fall wird die reale Entwicklung die notwendigen Bedingungen erfüllen.
Aber umgekehrt können die Ergebnisse der realen Entwicklung die angestrebten Ersparnisse durch geplante Maßnahmen verfehlen (Ergebnislücke), es können die geplanten Maßnahmen die Ziele im Zielpfad verfehlen (Planungslücke), aber es könne auch die auch schon die Ziele im Zielpfad die Notwendigkeiten verfehlen (Zielpfadlücke). In allen diesen Fällen müssen die Differenzen zwischen Erreichtem und zu Erreichenden überprüft und, wenn nötig entsprechend angepasst werden.
Nun ist die Situation in Göttingen viel einfacher, als die obige Grafik suggeriert.
Millionen Euro CO2-Schulden
Im Konzeptband des Klimaplan2030 ist zur Klimaneutralität bis 2045 ein Zielszenario
zur Treibhausgasreduktion festgelegt. Klimaneutralität wird hier verstanden als Vermeidung
von THG-Gasen um 95%, wobei die restlichen 5% als unvermeidbar und zu kompensieren angesehen
werden. Dieses Ziel mit einer linearen Reduktion ab 2020 bis 2045 wurde vom Rat der Stadt
Göttingen mit der Annahme des Klimaplan2030 beschlossen. Dieses Ziel war auf eine Erhöhung
von deutlich über 1,75°, hochgerechnet auf die
Einwohnerzahl der Stadt Göttingen, angelegt.
Der Rat der Stadt hat dann im
folgenden Jahr die Zielvorgabe verschärft und die Klimaneutralität für Göttingen auf 2030
festgelegt, was eine entsprechend steilere lineare Reduktion impliziert.
Was die Stadt Göttingen allerdings nicht gemacht hat und vom Rat auch nicht eingefordert wurde, was aber entsprechend der oben Grafik unbedingt notwendig ist, um einen Zielpfad zu bestimmen und wenigstens die Ergebnislücke erkennen zu können und damit die Einhaltung des Zieles zu kontrollieren, ist die Emissionswerte für die Folgejahre (hier also ab 2020) zu bestimmen und dann natürlich die jährlichen Erfolge zu messen.
Tatsächlich liegen die Werte des CO2-Ausstoss nach 2020 in Göttingen deutlich über diesem Zielpfad, sodass die Stadt sich gegenüber dem vorhandenen CO2-Budget für dieses Zielszenario derzeit verschuldet hat. Die Gesamtmenge des über dem Zielpfad für 2030 in den letzten drei Jahren verbrauchten CO2 liegt im Jahre 2023 bei 428,08 kt CO2 (2021: 110,16 kt, 2022: 267,51 kt), selbst bei einem Zielpfad für 2045 sind dies für 2023 noch 215,18 kt (2021: 87,78 kt, 2022: 174,17 kt).
Bei den üblicherweise von der Wissenschaft als angemessen angesehenen Kosten für CO2 von 200€ pro Tonne bedeutet das Schulden zwischen 43 Millionen Euro für Zielpfad 2045 bis 86 Millionen Euro für nach derzeitger Beschlusslage im Rat bestehenden Zielpfad 2030. Selbst wenn der aktuelle CO2-Preis von etwa 70€/t, reduziert sich der Betrag lediglich auf etwa ein Drittel.
Göttinger Klimabündnis, 9.8.2023