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Monitoring durch das Göttinger Klimabündnis
Das Göttinger Klimabündnis führt ein Monitoring und Controlling der aktuellen Klimaschutzdaten in Göttingen durch. Ein mindestens jährliches Monitoring, das die Daten des vergangenen Jahres nach einem halben Jahr, spätestens aber nach einem Jahr, liefert, ist für die Einschätzung der Lage im Klimaschutz und die Planung von Maßnahmen durch die Politik, also zur Erreichung der Klimaziele der Stadt unbedingt notwendig.
Dieser Aufgabe ist die Stadt Göttingen in der Vergangenheit nur unregelmäßig und mit zum Teil erheblicher Verzögerung nachgekommen. Die von der Stadt derzeit veröffentlichten Klimadaten gehen noch auf das Jahr 2020 zurück. Einem Jahr, das aufgrund der Corona-Pandemie keinesfalls als statistisch aussagekräftig für Klimadaten angesehen werden kann.
Auf eine Forderung nach einem zeitnahen Monitoring und handlungsfähigem Controlling aus den Reihen der Zivilgesellschaft aus dem Jahre 2021 wurde nur zögerlich und letztlich unwirksam reagiert. Zwar wurde im Jahr 2022 ein Ratsbeschluss gefasst, ein regelmäßiges Monitoring einzurichten. Aber zur Aktualität der Daten wurde nichts weiter festgestellt, ein handlungsfähiges Controlling wurde abgelehnt und damit de Facto der Wille zur Einhaltung der Klimaziele negiert.
Die aktuellen Monitoring-Daten bis einschliesslich 2023
Auf Basis der jährlichen Daten des Referats für Wahlen und Statistik der Stadt Göttingen lassen sich die meisten der CO2-Emissionen der Stadt Göttingen der vergangenen Jahre seit 1999 ermitteln. Dies sind auch gleichzeitig im Wesentlichen die Treibhausgas(THG)-Emissionen, die für die Klimabilanz berücksichtigt werden müssen, da der Anteil anderer Treibhausgase durch die Landwirtschaft nur verschwindend gering ist.
Die Entwicklung über die letzten 15 Jahre ist in der Abbildung
THG-Emissionen in Göttingen in Kilotonnen
zu sehen.
Die zugrundeliegenden Daten ab 2008 können hier eingesehen werden. Für die letzten sechs Jahre sind die Ergebnisse in kt CO2 auch in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
CO2-Bilanz | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 |
---|---|---|---|---|---|---|
Gas | 332.4 | 329.8 | 339.8 | 350.8 | 301.6 | 278.8 |
Strom | 304,4 | 251,3 | 218,9 | 239,7 | 257,0 | 207,3 |
Fernwärme | 18.4 | 17.8 | 17.2 | 20.2 | 20.2 | 18.5 |
Öl | 26.4 | 26.2 | 26.9 | 27.9 | 24.2 | 22.4 |
Summe Energie | 681.6 | 625.1 | 603.1 | 638.6 | 603.0 | 527.0 |
Verkehr | 265.2 | 258.9 | 230.9 | 226.4 | 229.9 | 229.9* |
Gesamt | 946.7 | 884.0 | 834.1 | 865.0 | 832.9 | 756.9 |
* Die Verkehrsemissionen in Göttingen im Jahr 2023 werden als unverändert betrachtet, da die bundesweiten Klimadaten zum Verkehr noch nicht bekannt sind. Die Anzahl der Fahrzeuge in Göttingen ist allerdings im Trend leicht gestiegen.
Welche Daten gehen in das Klima-Monitoring ein?
Die Auswahl der hier verwendeten Daten, Wärme, Strom und Verkehr, für das Monitoring des städtischen CO2-Ausstosses scheint auf den ersten Blick etwas willkürlich zu sein.
- Warum werden nicht all die CO2-Emissionen, die zum Beispiel für den persönlichen CO2-Fußabdruck genutzt werden, für alle Göttinger Bürger aufsummiert?
- Weshalb spielt die Landwirtschaft als wichtiger Faktor in Göttingen keine Rolle?
- Warum gehen nicht die Emissionen, die durch den Abfall in Göttingen entstehen, mit in die Bilanz ein?
Entscheidend bei der politischen Steuerung der THG-Reduktion sind drei Fragestellungen:
- eine Zielplanung,
- die tatsächliche Entwicklung der THG-Emissionen und
- die zu treffenden Maßnahmen um die Ziele zu erreichen.
Um dies auf auf die kommunale Ebene herunterzubrechen, braucht es realistische, vor Ort messbare Indikatoren, eine gewissenhafte Analyse und die Einführung von Standards. Ausserdem ist eine Methode, die eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Kommunen ermöglicht wünschenswert, wenngleich nicht notwendig.
Es ist zum Beispiel für eine Kommune unrealistsch, den persönliche CO2-Fußabdruck aller Bürger zu ermitteln. Aber die Daten der vor Ort verwendeten Energie zu ermitteln, ist in Zusammenarbeit mit den Energielieferanten durchaus realistisch und wird ohnehin schon von vielen Kommunen im Rahmen jährlicher Datenerhebungen gemacht.
Das Territorialprinzip
Daraus entstand als die in Deutschland angewendete Regel für die Messung der realen kommunalen THG-Entwicklung das sogenannte endenergiebasierte Territorialprinzip ( BISKO-Standard ), was besagt, dass alle anfallenden Verbräuche auf Ebene der Endenergie (Energie, die z.B. am Hauszähler gemessen wird) berücksichtigt und die THG-Emissionen über spezifische Emissionsfaktoren berechnet werden.
Graue Energie, das heißt Energie, die bei der Herstellung von Gütern benötigt wird, wird am Herstellungsort bilanziert. Der Anteil von CO2, das durch den Kauf von Gütern in die Kommune importiert wird, kann also gerade für Kommunen mit geringem Anteil produzierenden Gewerbes, wie Göttingen, beträchtlich sein kann. Genauso werden THG-Emissionen durch Abfallverwertung nach diesem Prinzip nicht da gemessen, wo der Abfall entsteht, sondern zum Beispiel dort, wo Abfall verbrannt wird.
Die Wärmeenergie
Für den Wärme-Energieträger mit dem höchsten CO2-Ausstoß, dem Gas, können die Beträge exakt aus den statistischen Erhebungen der Stadt ermittelt werden. Obwohl bei der Fernwärme in Göttingen ein gewisser Anteil aus Biogas besteht, wird hier ebenfalls von einem reinen Naturgasbetrieb ausgegangen, da der Anteil gering ist und die CO2-Neutralität von Biogas umstritten ist.
Öl spielt hier ebenfalls nur eine geringe Rolle. Hierzu gibt es lediglich ältere Daten, in denen der Anteil 7% des CO2-Ausstoß durch Wärme betrug. Dieser Anteil wurde über die Jahre beibehalten.
Strom
Auch aus den statistischen Erhebungen der Stadt für Strom lässt sich der CO2-Ausstoß exakt ermitteln über den sogenannten deutschen Strommix, der besagt wieviel von den verschiedenen Energieträgern in den Jahren für die Kilowattstunde im Mittel verwendet wurde, und wieviel CO2 damit emittiert wurde.
Verkehr
Sowohl in der Tabelle wie in der Grafik sind auch Daten für den Verkehr aufgeführt. Dieser Anteil beruht auf einer plausiblen Schätzung. Warum die Schätzung plausibel ist, warum andere bisherige Schätzungen weit weniger plausibel sind und wie sich die hier vorgestellten von den anderen unterscheiden, wird im gesonderten Abschnitt Verkehrs-Monitoring in Göttingen behandelt. Hier werden auch weitere Indikatoren, zum Beispiel zu Verkehrsflächen, Radwegen und ÖPNV untersucht.
Landwirtschaft
Der THG-Eintrag durch landwirtschaftliche Betriebe lässt sich mit dem durchschnittlichen bundesdeutschen Wert pro Hektar (3,36 Tonnen pro Hektar bei jährlich 55,5 Mio. Tonnen auf 16,5 Mio. Hektar lt. Umweltbundesamt für 2022) auf die 3995 Hektar landwirtschaftliche Fläche in Göttingen auf ca 13,5 kt CO2 pro Jahr grob abschätzen. Dieser spielt daher im Göttinger Stadtgebiet mit einem Anteil von etwa 6% so gut wie keine Rolle, zumal die besonders THG-intensive Viehwirtschaft im Göttinger Raum nur in geringem Maße betrieben wird. Daher wurde dieser Bereich bei den bisherigen Erhebungen der Stadt und auch hier nicht berücksichtigt.
Vergleich mit den Daten der Stadt Göttingen
Die hier auf Basis der elektrischen und Wärme-Energie berechneten Emissionsdaten (die Balken ohne die violetten Verkehrsdaten) stimmen mit den Daten, die die Stadt Göttingen zu bestimmten Zeiten veröffentlicht hat, sehr gut überein, wie die folgende Grafik deutlich macht.
THG-Emissionen in Göttingen in Kilotonnen im Vergleich zu den städtischen Daten
Erhebliche Abweichungen im Bereich Verkehr
Wo es allerdings zum Teil deutliche Abweichungen gibt, ist im Bereich Verkehr. Im Wesentlichen liegt dies daran, dass die Stadt sich seit Jahren weigert, im Bereich des Verkehrs auch nur minimale Datenerhebungen zu machen. Daher müssen die Verkehrsdaten sehr grob aus bundesweiten Entwickungen geschätzt werden. Wie dies genau geschieht, ist für die Zahlen der Stadt zum Verkehr unbekannt und die starken Schwankungen der Zahlen über die Jahre, sprechen nicht unbedingt für eine hohe Zuverlässigkeit des städtischen Modells.
Die hier verwendeten Zahlen beruhen auf einem einheitlichen Modell, das ein eigener Artikel zu dem Thema beschreibt. Im Wesentlichen wird ein bestimmter Prozentsatz der durchschnittlichen Gesamtfahrleistung der angemeldeten KFZs aus Stadt und Umgebung für die Berechnung des CO2-Ausstoßes angesetzt. Die durchschnittliche Fahrleistung und der CO2-Ausstoß beruht auf bundesweiten Zahlen, womit auch der CO2-Verminderung bei E-Autos durch bundesweite Zahlen Rechnung getragen wird. Ohne eine regelmäßige lokale Verkehrsmessung und eine Angabe der gemeldeten KFZ nach Antriebsart lassen sich hier keine lokal spezifischeren Aussagen machen.
Göttinger Klimabündnis, 9.8.2023