Kriminalisierung, Bürgerschaftliches Engagement und Zivilcourage

Rede von Parents for Future beim Klimastreik

Geposted von " Parents for Future " am 22.09.2024

Bürgerschaftliches Engagement, Zivilcourage (der Tag war vorgestern). Hochgelobt und auch manchmal mit Auszeichnungen belohnt. Schulternklopfen immer und manchmal auch das Bundesverdienstkreuz.

Tausende Menschen stabilisieren dieses Land mit ihrer Fürsorge in den Hospitzen, Sichern Menschen durch die Feuerwehr, leben Integration in den Sportvereine, Antfaschistinnen schützen unsere Verfassung und Demokratie (sie sind die wahren Verfassungsschützer). Auch wir Klimaaktivistinnen arbeiten im Ehrenamt.

Wir weisen mit den anderen Akteurinnen im Ehrenamt aber auch auf Mängel im System hin, die allein durch ehrenamtliches Arbeiten für das Gemeinwohl nicht zu kompensieren sind. Wir haben die Expertise um dies zu tun.

Wir erwarten Regierungshandeln auch von den anderen Global Player.

Wird gehandelt? Nein es wird nicht gehandelt

Die Auswirkungen auf Mensch und Natur eskalieren weltweit – die so niedlich von Vielen bezeichnete Klimakrise ist schon lange eine Katastrophe.

Proteste weltweit – eigentlich geschützt durch internationales Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Reagieren die Verantwortlichen zunehmend aggressiver auf friedlichen Protest gegen die Klimakatastrophe.

Es wird, es ist gefährlich für uns. Aktivistinnen im Globalen Süden sind besonders bedroht. Im Jahr 2023 wurden 196 Aktivistinnen ermordet (Quelle:Global Witness). 85 Prozent davon in Lateinamerika.

Wie ist die Situation in den Industrieländern? (QuelleClimate Rights). Australien, Deutschland, Neuseeland, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten etc.

Die Ergebnisse in allen Ländern zunehmend härtere Strafen auch durch unverhältnismäßig lange Haftstrafen.

z.B. Großbritannien „Just stop oil“ 4/5 Jahre Haft (Londoner Autobahnring M25 ). Stellungnahme wurde verweigert. Bei Nennung der Klimakatastrophe vor Gericht wurde wegen Missachtung des Gerichts eine Aktivistin für 7 Wochen weggesperrt.

Deutschland:

  • 2019 Ende Gelände linksextremer Verdachtsfall
  • 2022 wurde das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz reformiert.

Ab da war es legitim, verstärkt in das Recht der informellen Selbstbestimmung einzugreifen. Das führte zu einem Verlust allgemeiner Persönlichkeitsrechte. Aufenthaltsermittlungen in und außerhalb der Wohnung, Abhören und Sichten von anderen persönlich genutzten Medien und Daten wurden legitim.

Die verfassungsgemäße Gewaltenteilung, die durch Richterinnenvorbehalt gewährleistet war, wurde in Teilen bei Aufenthaltsbestimmungen, Kontaktverboten, Präventivgewahrsam etc. außer Kraft gesetzt.

Nun ist es möglich ohne einen richterlichen Beschluss Menschen in Durchsetzungs- und Präventivgewahrsam zu nehmen. Es reichte die Vermutung, dass dieser Mensch eine Straftat in der Zukunft begehen könnte.

Es kam zu massiven Widerstand der Zivilgesellschaft gegen die Novelierung dieses Gesetztes. Das Innenministerium betonte mehrfach, dass dieses Gesetz ausschließlich nur bei Gefährdern und organisierten Kriminellen greifen würde.

Den schönen Worten folgten bittere Wahrheiten:

Ella wurde 18 Monate eingesperrt, weil sie ihre Identität nicht preisgeben wollte. Die Aktivistinnen von f4f wurden bespitzelt, Wohnungen wurden durchsucht und Datenträger und Spendengelder beschlagnahmt. In München und anderen Städten kam es zu Durchsetzungs- und Präventivgewahrsamen nach Aktionen der Letzten Generation. Über Wochen waren die Menschen inhaftiert. Massenhafte Ermittlungsverfahren und Strafanzeigen. Wohnungen wurden in den frühen Morgenstunden gestürmt. Die Beamten waren vermummt und bewaffnet. Die Betroffenen häufig zu Tode erschrocken. Direkte Gewalt, Schmerzgriffe, Spray wurde eingesetzt. In vielen Fällen rechtswidrig. (Körperverletzung im Amt).

Ergebnis: 2577 Verfahren (XR 419), München und Berlin als Spitzenreiter. Die meisten Aktivistinnen wurden zu Geldstrafen verurteilt. Einige auch zu Hafstrafen über ein Jahr. Beschleunigte Verfahren, trotz Überlastung der Gerichte.

Jetzt stehen Mirjam, Henning, Jakob, Edmund und Lukas wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung § 127 StGB ( dieses Gesetzt gilt seit 1976 für Ermittlungen gegen Gruppen die unter Terrorverdacht geraten) im Fokus der Generalstaatsanwaltschaft Dieses Gesetzt nach Bundesrecht gilt auch für sogenannte Unterstützerinnen/ Freundinnen/Lebenspartnerinnen und bedeutet massive Eingriffe in die Rechte Dritter (Unbeteiligter) icl. Ermittlungs- und Strafverfahren. (bis zu 5 Jahren)

Und sonst: Mindestens 150 Autofahrerinnen wären gerne auf die Aktivistinnen der letzten Generation drauf gefahren, sie wurden beschimpft, bespuckt, geschlagen, getreten, an den Haaren von der Straße gezerrt.

Die anderen Aktivistinnen möchte ich hier nicht vergessen, die durch massive Polizei-Gewalt im Hambacher Forst, Lützerath und anderen Orten zu Schaden gekommen sind. Das Völkerrecht garantiert das Recht auf Beteiligung der Öffentöichkeit in Umweltbelangen und erkennt friedlichen, gewaltfreien zivilen Ungehorsam als legitime Form der Versammlung an. Störungen wie Verkehrsblockaden sind zwar lästig, gelten aber nach internationalen Standards in der Regel nicht als gewalttätig, obwohl Schäden oder Zerstörungen an privatem oder öffentlichen Eigentum auftreten können. Auch wenn ziviler Ungehorsam oft mit Verstößen gegen nationale Gesetzt einhergeht, sind die Behörden immer dazu verpflichtet, verhältnismäßig zu reagieren und das Recht auf Protest un die Bedeutung der betreffenden Themen für das öffentliche Interesse angemessen zu berücksichtigen.

Die extreme Reaktion der Bundesregierung auf den Aktivismus der letzten Generation ist unverhältnismäßig, bedroht das Recht zu protestieren und verleumdet Klimaaktivistinnen zu einem Zeitpunkt, zu dem ihr Anliegen noch nie so dringend war. Anstatt Umweltaktivistinnen einzuschüchtern, sollte Deutschland endlich seinen Verpflichtungen zu ambitionierten Klimaschutz nachkommen. (Quelle: Human Right Watch)

Sonstige Quellen: Richterinnenbund, Spiegel, Global Witness, Climate Rights, Letzte Generation.

Parents for Future, Ulla