Keine Kriminalisierung der Klimaschützer*innen

Rede eines Vertreters des Göttinger Klimabündnis auf der Solidaritätsdemo für die letzte Generation

Geposted von " GöKB " am Thursday, September 8, 2022

Nach der präventiven Inhaftierung von Klimaschützer*innen im Rahmen der sogenannten Polizeiaufgabengesetze, zunächst in Nordrhein-Westfalen zum Hambacher Forst, dann auch an anderen Brennpunkten des Widerstands gegen die Klimakrise und zuletzt mit den Protesten in München mit besonders langen Inhaftierungszeiten, ist nun eine neue Eskalationsstufe der Kriminalisierung der Klimaschutzbewegung erreicht: Hausdurchsuchungen unter dem Vorwurf des Bildens einer kriminellen Vereinigung.

Der ehemalige Bundesverkehrsminister, ein äußerst wirksamer Blockierer jeglichen Klimaschutzes im Verkehr, sprach von einer Klima-RAF. Der Klimabewegung wird Terrorismus vorgeworfen. Die Wut populistischer Politiker*innen, insbesondere derjenigen, die sich im Widerstand gegen wirksame Klimaschutzmaßnahmen hervorgetan haben, bricht sich Bahn. Aber es sind eher diese Blockierer*innen von Klimaschutz, die eine ernsthafte Gefahr in diesem Land darstellen. Sie glauben, nun endlich braucht nicht mehr gegen die Erderwärmung gekämpft werden, sondern der Kampf gegen diejenigen muss verstärkt werden, die auf die verheerenden Folgen der Erderwärmung so aufmerksam machen, dass diese nicht ignoriert werden kann.

Das Bundesverfassungsgericht hat am 24. März 2021 in Abwägungen der generationsübergreifenden verfassungsmäßigen Freiheiten klar dargelegt, dass nicht eine Generation durch Untätigkeit den nächsten Generationen Lasten aufbürden darf, die deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen aussetzen würde.

An dem Konflikt der Straßen- und Pipeline-Blockaden wird deutlich, wie weit die Untätigen auf ihrer Untätigkeit beharren, und wie weit sie der nächsten Generation genau solche Lasten aufbürden wollen. Wie sehr sie also bewusst gegen die Verfassung verstoßen wollen, und das mit Gesetzen begründen wollen.

Diese offensichtliche Diskrepanz von polizeirechtlicher Überheblichkeit und verfassungsrechtlicher Ignoranz lässt die Untätigen fast wie Trotzköpfe dastehen, die, um von ihren Fehler abzulenken, angeblich durch die Blockaden herbeigeführte Todesfälle herbeireden. Nicht eine tatsächliche Gefährdung kritischer Infrastruktur, sondern die moralische Überlegenheit der Klimaschützer*innen ist der Hintergrund für das Wüten im Vorgehen gegen sie.

Aber leider kann dieses Vorgehen nicht einfach als lächerlich und hilflos abgetan werden: es hat Konsequenzen, zuallererst natürlich für die direkt Betroffenen. Aber wie immer bei Kriminalisierung, soll es auch diejenigen abschrecken, die die gleichen Ziele, vielleicht mit anderen Mitteln, verfolgen. Es soll spalten. Hier ist die vereinfachte Ansage: wenn Aktionen die Bevölkerung wirksam auf die Untätigkeit der Politik hinweist, dann wird dies als Terrorismus verfolgt. Aber solange keine politischen Konsequenzen folgen müssen, ist Klimaprotest natürlich erlaubt.

Aber wir werden nicht nachlassen im gemeinsamen friedlichen Widerstand gegen die unzureichende derzeitige Klimapolitik, auch auf den Straßen. Wir erklären uns mit den Kriminalisierten solidarisch und weisen diese polizeistaatlichen Praktiken zurück.

Wir fordern von der Politik im Bund, in den Ländern und Kommunen: keine Kriminalisierung der Klimaschützer*innen, sondern endlich eine Klimapolitik, die den Herausforderungen gerecht wird.

Göttinger Klimabündnis