Betr.: „Einkaufen in der Göttinger Innenstadt: Wer keinen Parkplatz findet, kommt nicht mehr wieder“ vom 24. August.
Immer wieder wird behauptet: Weniger Parkplätze bedeuten den Untergang des Einzelhandels. Doch Studien aus Städten wie Toronto, Barcelona, Wien, Hamburg, München und anderen Kommunen zeigen eindeutig: Das Gegenteil ist richtig. Dort, wo Autos Platz machen, blühen Cafés, Geschäfte und das öffentliche Leben.
Das Deutsche Institut für Urbanistik bringt es auf den Punkt: Entscheidend ist die Aufenthaltsqualität. Wer entspannt durch eine Stadt schlendern kann, bleibt länger und kauft mehr ein. Die Innenstadt soll erreichbar sein – aber nicht zwingend im SUV.
Trotzdem hält sich auch in Göttingen hartnäckig der Mythos vom „Sterben der City ohne Auto“. Dabei hat das Göttinger Tageblatt selbst berichtet, dass es heute kaum weniger Parkplätze gibt, als vor zehn Jahren – und trotzdem schließen immer mehr Läden. Offenbar liegt das Problem nicht am Parkraum.
Warum also wird jeder Parkplatz verteidigt, als stünden Hannibals Elefanten vor dem Albaniplatz? Händler überschätzen seit Jahren, wie viele Kunden mit dem Auto kommen. Teile der Politik und die Kammern scheinen trotzdem lieber am Bauchgefühl oder den eigenen Privilegien festzuhalten. Vielleicht ist es auch die Angst vor dem Wähler oder einfach digitaler Analphabetismus. Denn die Informationen und Studien zum Auto und Einzelhandel stehen öffentlich zugänglich im Internet.
Die Fakten sind eindeutig: Weniger Autos bedeuten bessere Luft, mehr Sicherheit, weniger Stress und einen gesünderen Alltag. Angesichts drohender 40- bis 45-Grad-Sommer ab 2050 haben wir schlicht keine Wahl. Ohne Verkehrswende stirbt nicht der Einzelhandel – sondern unsere Lebensqualität.
Es ist höchste Zeit für ehrliche Bürgerdialoge, wie zuletzt an der Weender Landstraße. Wenn wir mutig Straßenraum gerechter verteilen, profitieren auch Autofahrer. Denn Parkplätze gehen verloren, dass immer mehr Menschen ein Auto haben und diese immer größer werden. Dadurch entstehen Staus und Parkplätze werden für Menschen blockiert, die wirklich auf ein Auto angewiesen sind.
Ja, ein Parkplatz, der sich nicht vor der Haustür befindet, ist unbequem. Und ein Parkplatz im Parkhaus kostet womöglich ein bisschen mehr, aber die Verkehrswende zu verschlafen und den Klimawandel zu ignorieren, kostet viel mehr – unsere Gesundheit, unsere Sicherheit und die Zukunft unserer Kinder.
Robert Stölner, Göttingen