Stellungnahme von GöttingenZero zum “Klimaplan Göttingen 2030

Geposted von " GöttingenZero " am Wednesday, July 7, 2021

Stellungnahme von GöttingenZero zum “Klimaplan Göttingen 2030”

Es ist zu begrüßen, dass die Stadt Göttingen einen neuen Anlauf nimmt, ihrer Klimapolitik mit einem Maßnahmenplan eine verbindliche Struktur zu geben. Leider aber besteht der vorliegende Entwurf für den „Klimaplan Göttingen 2030“ weitgehend aus unverbindlichen Absichtserklärungen und einer Auflistung von möglichen Maßnahmen in verschie- denen Sektoren. Er enthält zudem gravierende handwerkliche Fehler in grundlegenden Berechnungen. Was von einem umsetzbaren Plan erwartet wird, nämlich ein strukturierter zeitlicher Ablauf der Maßnahmen mit Meilensteinen und ein ausgearbeitetes Konzept für die Zielverfolgung (Monitoring und Controlling), sucht man vergeblich. Auch wenn gesetzliche Rahmenbedingungen und Finanzierungsmöglichkeiten teilweise noch geschaffen werden müssen, so muss ein ernst zu nehmender Plan doch aufzeigen, welche Maßnahmen wann vollzogen werden müssen, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen.

  1. Im Widerspruch zu seinem Titel geht der Plan von den Zielwerten der gegenwärtigen Bundesregierung mit 65% CO2-Reduktion bis 2030 und 95% Reduktion bis 2045 aus und bricht diese Zielwerte auf Sektoren herunter. An keiner Stelle wird aber aufgezeigt, auf welche Weise diese Minimalziele durch eine sinnvolle Abfolge von Maßnahmen, jeweils unterlegt mit konkreten Reduktionsbeiträgen, erreicht werden sollen.

  2. Klimaneutralität bis 2030 wird mit diesem Zielpfad nicht angestrebt, so dass eine Bewerbung auf das EU-Programm „100 klimaneutrale Städte 2030“ mit einem solchen Plan ohne jede Aussicht auf Erfolg ist. Nur eine simple Anpassung des Zielpfads ohne einen entsprechend durchstrukturierten zeitlichen Maßnahmenplan wäre eine leicht zu durchschauende Augenwischerei.

  3. Entgegen der Behauptung im Plan ist der vorgesehene Zielpfad noch nicht einmal mit einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 1,75 Grad (mit 67% Wahrscheinlichkeit) vereinbar. Diese Feststellung ergibt sich aus zwei Fehlern bei der Berechnung des verbleibenden anteiligen „Budgets“ an CO2, das in Göttingen noch in die Atmosphäre gebracht werden darf, um den Beitrag der Stadt zu einer entsprechenden Begrenzung der globalen Erwärmung zu leisten:

a) Die verwendete Einwohnerzahl enthält auch die Personen mit Nebenwohnsitz, deren Budgets folglich doppelt gezählt wird, nämlich in Göttingen und noch einmal am Hauptwohnsitz (134.824 Einwohner:innen anstatt 119.801 mit Hauptwohnsitz für 2018);

b) vom durchschnittlichen CO2-Ausstoß, der jeder Person in Göttingen zuzurechnen ist, werden nur ca. 70% in Göttingen selbst emittiert; der Rest wird „importiert“, indem beispielsweise der Stahl für das Auto einer Göttingerin energieintensiv in Salzgitter produ- ziert wird. Deshalb darf sich Göttingen für seine eigenen Emissionen auch nur 70% des verbleibenden CO2-Budgets pro Person zurechnen. Für den Klimaplan wird aber das volle Budget pro Person in Anspruch genommen, so dass der Stadt ein um ca. 43% zu hohes Budget zugeschrieben wird und so Klimaziele nur scheinbar erreicht werden. 05.07.2021

  1. Mit dem vorgesehenen Zielpfad würde das wichtige Ziel des Pariser Klimaabkommens, die globale Erwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, für Göttingen aufgegeben. Alle fünf Kandidat:innen für die OB-Wahl im September haben sich aber auf einer Veran- staltung am 17.6.2021 im Deutschen Theater öffentlich zum 1,5-Grad-Ziel bekannt. Wie soll der/die zukünftige Oberbürgermeister/in auf der Basis eines solchen Plans diesem Bekenntnis gerecht werden?

  2. Das mit über 9.300 Unterstützenden überaus erfolgreiche Bürgerbegehren von Göttin- genZero mit der Forderung, die Stadt möge das Zieljahr 2030 für Klimaneutralität anstre- ben und dafür den „Klimaplan Göttingen 2030“ zu einem konkreten Maßnahmen- und Zeitplan für dieses Ziel entwickeln, eröffnet aber jetzt die Chance, dass dieser jetzt noch unzureichende Entwurf mit dem entsprechenden politischen Willen tatsächlich zu einem aussagekräftigen Plan ausgearbeitet werden kann. Mit seiner Umsetzung würde die Göt- tinger Klimaschutzpolitik endlich die Klimaziele des Pariser Abkommens anstreben, zu de- nen sich Deutschland durch einen einstimmigen Beschluss des Bundestags völkerrecht- lich verbindlich verpflichtet hat, und damit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungs- gerichts zur Klimagesetzgebung Rechnung tragen.

GöttingenZero, Göttingen, 07.07.2021