Keine Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel

Die wirklichen Schwerpunkte der Politik in Göttingen liegen beim Autoverkehr

Geposted von " Göttinger Klimabündnis " am Wednesday, September 8, 2021

Keine Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel

Die Parteien versprechen im Moment im Wahlkampf, sich für das Klima stark machen zu wollen. An den Beschlüssen im Rat und den Ausschüssen lässt sich hingegen oft erkennen, wie wenig davon bei der Mehrheit der Fraktionen und auch bei der Stadtverwaltung mit dem Bürgermeister als oberstem Dienstherr verstanden wurde und umgesetzt werden soll. Am Beispiel Albaniplatz lassen sich die wirklichen Schwerpunkte der Politik in Göttingen gut aufzeigen.

Die Stadt Göttingen hatte sich im Rahmen des bundesweiten Förderprogramm “Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel” erfolgreich mit einem Projekt1 zur Sanierung des Cheltenhampark und der Wiederherstellung der Wallverbindungen mit dreieinhalb Millionen Euro beworben.

Die Wiederherstellung der Wallverbindungen, also ein entsiegelter Grüngürtel zwischen der Wallanlage am Cheltenham-Park über den Albani-Platz zum Deutschen Theater und einer Neugestaltung am Hiroshima-Platz soll nun allerdings vom Rat der Stadt ohne weitere Begründung ersatzlos gestrichen werden. Das Projektgeld dafür soll aber natürlich trotzdem ausgegeben werden, und zwar indem der Cheltenhampark umgebaut wird. Im wesentlichen soll der bestehende Spielplatz am Schwänchenteich abgebaut und mit dem zweiten Spielplatz Nähe Rosengarten vereint werden - weit entfernt vom bisherigen Wasserzugang für die Kinder.

Diese Planung wird dann im neuen Antragstitel als Förderung der Klimaanpassungsfunktion, der biologischen Vielfalt, der Naherholung und der Umweltbildung gepriesen. Rein garnichts davon wird damit erreicht.

Das einzige, was an der Planung sinnvoll ist, wenn auch nicht unbedingt im Sinne der Klimaanpassung, ist die dringend notwendige Mauersanierung des Schwänchenteiches mit ca. einer Million Euro. Die restlichen fast zweieinhalb Millionen Bundesmittel2 sollen für etwas eingeworben werden, was weder der biologischen Vielfalt, noch der Naherholung oder der Umweltbildung weiterhilft. Dem eigentlichen Zweck der Bundesausschreibung, der Klimaanpassung, wird das Projekt so überhaupt nicht gerecht. Vielmehr soll ein für alle, vor allem für die ohnehin schon fast überall vertriebene Jugend, gut funktionierendes Erholungsgebiet umgebaggert werden für ein äusserst zweifelhaftes Endergebnis.

AutoStadt Göttingen

Was aber könnte hinter einer solchen städtischen Fehlplanung stecken? Klar spielt dabei eine Rolle, dass bewilligte Projektgelder abgerufen werden sollten. Aber der eigentlich Grund dürfte in dem begründet sein, was beantragt war und nun nicht mehr im Projekt vorkommt, nämlich die Wiederherstellung der Wallverbindungen. Eigentlich eine kleine Maßnahme, die die nun fehlenden Merkmale im Antrag ansatzweise bedienen könnte: Naherholung und biologische Vielfalt durch mehr Vegetation, insbesondere große Bäume für Fledermäuse, Klimaanpassung durch Versickerungsflächen und Umweltbildung durch die Vermittlung dieser Zusammenhänge.

Aber die Gefahr besteht natürlich, dass bei einem solchen Vorhaben Flächen entsiegelt werden müssen, und die Flächen, um die es dabei geht, werden derzeit hauptsächlich als Parkplätze verwendet und sind politisch heiß umstritten.

Auch wenn Parkplätze nicht notwendigerweise eine geschlossene Asphaltdecke haben müssen, ist die Angst vor einer solchen Entsiegelung in einer Koalition3 aus Stadtverwaltung, der SPD, FDP und CDU wohl so groß, dass dafür in Kauf genommen wird, den Zweck von Projektmittel zu entfremden und eine zweckmäßige Nutzung dieser Mittel an anderer Stelle dieser Republik damit zu vereiteln - von möglichen Regressforderungen des Bundes an die Stadt für diese Umwidmung ganz abgesehen.4

Die Interessen des Autoverkehrs werden in dieser Stadt weiterhin in den Vordergrund gestellt, wie schon seit vielen Jahren mit einem stetigen Zuwachs der Strassenverkehrsfläche um jährlich 0,75 Prozent und der innenstadtnahen Parkplätze um jährlich 2,5 Prozent 5. Damit entlarven diese Bremser ihre wohlfeilen Aussagen zum Klima im Wahlkampf selbst.

Göttingen hätte sich mit dieser Politik erfolgreich auf ein Bundesprojekt zur Rettung bedrohter Parkplätze bewerben können.

Göttinger Klimabündnis

Weitere Anmerkungen


  1. unter dem Namen: “Sanierung Cheltenhampark und Wiederherstellung der Wallverbindungen unter Berücksichtigung und Förderung der Klimaanpassungsfunktion, der biologischen Vielfalt, der Naherholung und der Umweltbildung” ↩︎

  2. Eine Million Euro werden für den Umbau der Spielplätze und fast eine Million (0,8 Mio.) für Gutachten und Honorare veranschlagt. Für mehr als eine halbe Million Euro soll der Asphalt des bestehenden Weges durch einen wasserdurchlässigen Belag ergänzt werden, auch wenn das Wasser bisher schon oft neben den Wegen versickert. Der Plan ist zudem nicht mit der Planung der Fahrradtrassenführung im Chelti abgestimmt, was evt. einen Rückbau erfordert. Der Rest wird für Bepflanzungen und Öffentlichkeitsarbeit angesetzt. ↩︎

  3. Die Grünen haben sich mangels Alternative bisher enthalten, um die Projektgelder für die Schwänchenteich-Sanierung nicht zu gefährden. ↩︎

  4. Die oben genannte Koalition ist auch für das Vorhaben verantwortlich, an diesem Albaniplatz zu einem Preis von 1,3 Millionen Euro acht große Bäume zu fällen für lediglich 24 zusätzliche Parkplätze. Die mögliche gemeinsame Entscheidung dafür wurde dann aber von der CDU-Leitung nicht mehr auf die Tagesordnung des Bauausschusses genommen, wohl um die Wähler bei dieser unpopulären Maßnahme so kurz vor der Wahl nicht allzu deutlich auf ihre Politik aufmerksam zu machen - eine Entscheidung, die kurz nach der Wahl dann noch mit den alten Mehrheiten getroffen werden kann. ↩︎

  5. Quelle GöSIS: https://duva-stg-extern.kdgoe.de/Informationsportal/Informationsportal.html    ↩︎